Einblick ins Referat TIN

Was uns bewegt.

In dieser Rubrik geben Mitarbeitende des Zentrum für sexuelle Gesundheit Einblicke in ihre Gedanken, Erlebnisse oder Herausforderungen aus dem Alltag – persönlich, nahbar und manchmal auch politisch.

Es geht weiter mit Daria: Sie leitet das Referat TIN. Im Gespräch mit ihr wird deutlich, wie vielfältig die Herausforderungen sind, die Ratsuchende mitbringen. Hier teilt sie, was sie aktuell bewegt:

💬 Einblick ins Referat TIN

»Ich leite das Referat TIN (Trans, inter, nichtbinäre Menschen) sowie das Projekt TINA* young, das von der Aktion Mensch gefördert wird. Im Mittelpunkt meiner Arbeit stehen Beratung und Begleitung zu Fragen geschlechtlicher Vielfalt – für trans*, inter* und nichtbinäre Menschen, für Personen, die sich auf der Suche nach ihrem Geschlecht befinden, ebenso wie für Angehörige, Fachkräfte und Interessierte.

Was mich aktuell besonders bewegt, ist der hohe Beratungsandrang. Immer mehr Menschen aus dem nördlichen Sachsen-Anhalt wenden sich an uns. Sie wurden vermittelt durch Fachkräfte, Community-Kontakte, Social Media oder Zeitungsartikel. Die Zahl der Anfragen steigt stetig, während die Versorgungslage im Land schwierig bleibt. Vor allem in der psychotherapeutischen und medizinischen Begleitung erleben viele Ratsuchende eine unzureichende Unterstützung, da es noch immer zu wenige Fachkräfte mit entsprechender Expertise gibt.

Besonders viele Anfragen erreichen uns von jungen Menschen. In der Beratung zeigt sich häufig, dass Themen wie soziale Isolation, Ängste, Hoffnungslosigkeit oder depressive Stimmungen den Alltag bestimmen. Viele wünschen sich Anschluss an die Community, gleichzeitig sind die Hürden hoch: sich auf Gruppen einzulassen oder überhaupt neue Kontakte aufzubauen, fällt schwer. Manche nehmen unsere Angebote ausschließlich online wahr, weil schon der Weg aus dem Haus als unüberwindbare Hürde empfunden wird.

Zunehmend beschäftigen Ratsuchende auch die politischen Entwicklungen im Land. Im Vorfeld der Landtagswahlen und angesichts eines spürbaren Rechtsrucks äußern viele die Sorge, ihre Heimat verlassen zu müssen. Manche spielen mit dem Gedanken, Sachsen-Anhalt oder auch Magdeburg hinter sich zu lassen. Gleichzeitig sind hier ihre sozialen Netzwerke, die Halt geben. Für mich ist das ein bewegendes Spannungsfeld: Jeder Mensch hat das Recht auf ein freies, sicheres und zufriedenes Leben. Doch die Abwanderung progressiver, kreativer und sozial engagierter Menschen schwächt unsere Region und überlässt den Raum Kräften, die den Rechtsruck verstärken.

Diese Erfahrungen verdeutlichen: Der Bedarf an Beratung, an fachlicher Kompetenz und an sicheren Räumen ist groß. Umso wichtiger ist es, gemeinsam Strukturen aufzubauen, die Menschen stärken und ihnen hier eine Perspektive geben. Denn Sachsen-Anhalt ist eine wunderbare Region und sie braucht Menschen, die sich hier wohlfühlen und bleiben möchten.

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